DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
19.09.–14.10.2012
Boris Ryzhy
Boris Ryzhy war ein vielversprechender russischer Dichter, der sich 2001 im Alter von nur 26 Jahren das Leben nahm. Die Schwester und die Witwe des Dichters führen die niederländische Filmemacherin Aliona van der Horst durch die gefährlichen Untiefen der russischen Provinz, die sich auf der Reise vom Kommunismus zum Kapitalismus verloren zu haben scheint. Geduldig und einfühlsam stöbert die Regisseurin Freunde und Klassenkameraden des Dichters auf und fügt aus ihren Aussagen die Geschichte einer verlorenen Generation zusammen: „Jeder bekam die Freiheit und hatte doch keine Ahnung, was er mit ihr anfangen sollte“, meint einer der Wegbegleiter.
Anstatt einer legalen, rechtschaffenen Arbeit nachzugehen, wurden Ryzhys Mitschüler zu „Bodyguards der Gangster“. Im Wald verweilt die Kamera vor den zahlreichen Gräbern der jungen Männer, die wie Ryzhy diese Epoche nicht überlebten. Die Bilder der schneebedeckten Straßen des Altmetall-Bezirks von Jekaterinburg werden zu einem subtilen, poetischen Symbol der festgefrorenen Hoffnungen der Kameraden. Für den Soundtrack übernimmt van der Horst Passagen aus den Gedichten von Ryzhy, während überlieferte Amateurvideos einen Blick auf fesselnde Bilder aus dem Leben des Dichters gewähren. Die Regisseurin verfügt über eine außergewöhnliche Begabung des Zuhörens und Beobachtens – selten wurden in Dokumentarfilmen Gesichter so eloquent beobachtet.
Aliona van der Horst
Die niederländische Regisseurin Aliona van der Horst wurde 1970 in Moskau geboren und studierte russische Literatur an der University of Amsterdam und Film an der Dutch Film and Television Academy. Die meisten ihrer Dokumentarfilme handeln von Kunst und wurden international vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Special Jury Prize beim Tribeca Film Festival in New York für Voices of Bam (2006), dem Grand Prix der FIFA Montreal und dem Dutch Academy Award für The Hermitage Dwellers (Eröffnungsfilm DOKU.ARTS 2006) sowie dem Best Documentary Award beim Edinburgh Filmfestival für Boris Ryzhy (In Progress-Präsentation bei DOKU.ARTS 2008).